4./5./6. Juni: „70 Jahre. Hamburg feiert sein Grundgesetz. Die Landesverfassung der Hansestadt hat am Montag Geburtstag. Ein Magazin würdigt es“ – Leserbrief an das Hamburger Abendblatt
Historisch betrachtet ist es missverständlich, den Begriff Grundgesetz auf eine Länderverfassung anzuwenden. Max Brauer, Bürgermeister auf der Grundlage der „vorläufigen Verfassung der Hansestadt Hamburg“ (1946), schlug ihn als eine pragmatisch-kreative Kompromissformel im Juli 1948 vor. Sie entsprach zugleich dem Drängen der West-Alliierten auf Ausarbeitung einer Länder übergreifenden Rechtsordnung und dem Bedenken der Länderchefs, mit einer Verfassung die drohende Spaltung Deutschland voranzutreiben. Zwischen August 1948 und Mai 1949 wurde daher das Grundgesetz zunächst als vorläufiger Verfassungstext auf Herrenchiemsee vorbereitet und dann im Parlamentarischen Rat, der aus 65 von elf Länderparlamenten gewählten Abgeordneten bestand, ausgearbeitet und verabschiedet. Eine Meisterleistung! Das Grundgesetz erschien schon bald den Deutschen nicht mehr als Provisorium, sondern als ausformulierter Inbegriff ihrer gemeinsamen Identität, auch nach der Wiedervereinigung. Aus Hamburg waren Paul de Chapeaurouge (CDU) und der Bürgerschaftspräsident Adolf Schönfelder (SPD), Alters- und Vizepräsident im Rat, beteiligt. Nehmen diese Vorgänge und die verantwortlichen Akteure in der Hamburger Erinnerungskultur den ihnen gebührenden Platz ein? Nein! Ein „Platz des Grundgesetzes“ in der City könnte diese Lücke schließen.