Föderalismus und Subsidiarität

Christiane Bender / Hans Graßl (2022), Frühe Wurzeln des föderalen Verfassungsstaats, in: Deutschland Archiv, 7.6.2022, Link: www.bpb.de/508786

Emder SynodeOtto Waalkes; Foto: Harald Bischoff

Friedrich Hölderlin hat mit dem „Nabel dieser Erde“ Frankfurt, nicht Emden gemeint. Im Beitrag von Bender/Graßl wird jedoch auf eine weitgespannte Wirkungsgeschichte Emdens hingewiesen, die eine ähnliche Bezeichnung für die ostfriesische Stadt rechtfertigt. In der Frühen Neuzeit wird sie „Genf des Nordens“ genannt. Emden ist damals ein Zentrum des innerprotestantischen Dialogs; es nimmt die verfolgten Anhänger Calvins aus Frankreich und den Niederlanden auf; 1571 findet die Emder Synode statt, in der die Abgeordneten eine Kirchenordnung nach den Prinzipien der Subsidiarität zum Schutz von Selbstverantwortung und Selbstständigkeit ihrer im Untergrund existierenden Gemeinden beschließen; wenig später betätigt sich im Stadtrat der Staats- und Rechtstheoretiker Johannes Althusius und überarbeitet seine „Politica“, ein Klassiker des Föderalismus bis heute.

Bender/Graßl skizzieren davon ausgehend Einflüsse auf die amerikanische Verfassungsgeschichte und über die ambivalente preußische Linie auf das Wilhelminische Kaiserreich. In der deutschen Nachkriegsgeschichte, insbesondere in der Ausarbeitung des Grundgesetzes, zeigen die Autoren, dass Subsidiarität und Föderalismus als zentrale Ideen für die Entwicklung von Demokratie und Rechtsstaat betrachtet werden, um eine freiheitliche Gesellschaft zu entwickeln und Totalitarismus zu verhindern. Die Wiedervereinigung kommt auf föderalem Weg zustande, als Beitritt der „neuen Länder“ zur Bundesrepublik. Auch die Europäische Union wird als föderales und subsidiäres Projekt gegründet. In dieser Wirkungsgeschichte Emdens, vermittelt über viele Verzweigungen, geht es um die Bewahrung der Rechte auf Selbstbestimmung und Selbstverantwortung von kleineren Gemeinschaften gegenüber der Fremdherrschaft durch Anmaßung übergreifender Organisationsmacht.

Zu Emden, das mit der wunderbaren Johannes a Lasco-Bibliothek seine protestantisch-obrigkeitskritische Tradition pflegt, passt ein widerspenstig-rebellischer Typ wie der Komiker Otto. Da schließt sich der Zusammenhang zu Frankfurt, haben doch die Humoristen der zweiten Frankfurter Schule fleißig für den Ehrenbürger Emdens viele Witze geschrieben.

Im Folgenden finden Sie den Text von Bender/Graßl als PDF:

»Frühe Wurzeln des föderalen Verfassungsstaats – Die Emder Synode von 1571 und der Geist des reformierten Protestantismus«

Impulse auf dem umkämpften Weg der Staatenbildung in Europa zu einer föderal-subsidiären Gewaltenteilung im wiedervereinten Deutschland«

Autor: bender

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